Freitag, 1. Oktober 2021

Wandel der Parteienlandschaft Europas

 

In allen Ländern Europas findet ein Wandel der Parteienlandschaft statt: die Volksparteien schrumpfen, rechts, links und in der Mitte entstehen neue Parteien. Streitigkeiten werden aggressiver, die Regierungsbildung wird immer schwieriger, Regierungen werden instabiler. Woran liegt’s?

Es lohnt sich, die Veränderungen der letzten 70 Jahre am Beispiel Deutschland Revue passieren zu lassen: die Veränderung der Wirtschaftsstruktur seit den 1950er Jahren, darauf basierend die Veränderung der Sozialstruktur. Dazu die Veränderung der Bevölkerungsstruktur durch sinkende Geburtenraten, steigendes Bildungsniveau, Migration. Darauf basierend der kulturelle Wandel seit den fünfziger Jahren. Die Bevölkerung, deren Interessen die politischen Parteien in den Parlamenten zu vertreten haben, sieht heute anders aus als in den 1950er Jahren. Also ist zu erwarten, dass auch die politischen Parteien und die Parteienlandschaft heute anders aussehen als in der Vergangenheit.

Sechs gewaltsame Regierungswechsel in 50 Jahren

 

Kleiner Rückblick auf die Geschichte Afghanistans

Die Macht des afghanischen Königs reichte bis zu seinem Sturz 1973 kaum über die Hauptstadt Kabul und die drei anderen großen Städte (Herat, Kandahar, Mazar-i-Sharif) hinaus. Der Rest des Landes war unter Kontrolle lokaler Herrscher (Clan-Chefs, Stammesführer). Die Staatsgewalt in Form von Polizei und Militär gab es nur in den wenigen großen Städten. Die Clan-Chefs verfügten de facto über eigene Streitkräfte, dadurch dass alle Männer in Afghanistan Waffen trugen und die Autorität des Führers ihres Clans anerkannten. Die Verfassung und die wenigen Gesetze, die in Kabul verabschiedet wurden, wurden in der Provinz ignoriert. Für viele Bereiche der Gesellschaft gab es überhaupt keine gesetzlichen Regelungen (z. B. Straßenverkehrsrecht). Die Grundlage der Rechtsprechung war der Koran. Die Rechtsprechung wurde in der Provinz vom islamischen Klerus oder den Clan-Chefs selbst ausgeübt. Behörden der Zentralregierung oder staatliche Infrastruktur gab in der Provinz nicht, ebenso wenig wie eine Erhebung von Steuern durch die Zentralregierung. Die Clan-Chefs fühlten sich an Anordnungen aus Kabul nicht gebunden. Besonders die lokalen Machthaber, deren Wohlstand auf dem Anbau von Schlafmohn und Cannabis, sowie deren Weiterverarbeitung (Opium - Weltmarktanteil 90% -, Heroin, Haschisch) beruhten, legten Wert auf eine große Distanz zur Zentralregierung und konnten durch ihren Wohlstand die Loyalität der Bevölkerung sichern.

Montag, 19. April 2021

Kleine Geschichte der Schrumpfbranchen

 

Weder Politiker noch Umweltschützer wagen es offen auszusprechen: einige Branchen der Wirtschaft (z. B. Braunkohle, Automobil) werden schrumpfen (müssen). Politiker und Umweltschützer haben Angst vor Wirtschaftslobbys, Gewerkschaften, Rechtspopulisten, Boulevard-Presse, die mit Sicherheit aufschreien werden. Aus dem Grunde ist es von Interesse, mal einen Blick auf die Schrumpfbranchen der Wirtschaftsgeschichte der letzten zwei Jahrhunderte zu werfen.

Die Frühindustrialisierung Europas Ende des 18. Jahrhunderts beruhte auf der Energiequelle Holz: es wurde von Köhlern zu Holzkohle verarbeitet, die in Eisenhütten, im Schmiedehandwerk, beim Brennen von Glas, Keramik, Ziegelsteinen verwendet wurde. 

Donnerstag, 19. November 2020

Wahlanalyse Präsidentschaftswahl USA 2020

 

Die Spirale des Hasses

Die Demokraten haben in fast allen Großstädten mit  über  300 000 Einwohnern gewonnen, oft mit 60-80% der Stimmen. Trump hat den gesamten ländlichen Raum und alle Kleinstädte gewonnen, oft mit 60-80% der Stimmen. In den Mittelstädten waren die Ergebnisse im Schnitt ausgewogen.

These: die Spaltung der USA in die beiden Lager hat weniger mit konkreten politischen Programmen, Interessen und Politikern zu tun. Vielmehr handelt es sich um einen Kulturkrieg, bei dem jedes Lager ein Positivcliché des eigenen Lagers und ein Negativcliché des anderen Lagers besitzt. Zwischen den Lagern gibt es keinen Dialog mehr, jeder lebt in seiner Blase, mit seinen eigenen Medien. Es gibt nur noch gegenseitigen Hass, sowie Kampf um die Macht mit allen Mitteln.

Sonntag, 26. April 2020

Die große Corona-Verschwörung


Die Corona-Leugner behaupten, dass sich alle Virologen und Politiker der Welt irren: der Corona-Virus existiert nicht oder ist ungefährlich („harmlose Grippe“). Die offiziellen Zahlen (Stand Anfang Juni 2021: 172 Millionen Infizierte und  3,7 Millionen Tote in 200 Ländern, s. John Hopkins University) sind bedeutungslos. Die Menschen wären ja sowieso irgendwann gestorben. Die Corona-Schutzmaßnahmen, die weltweit ergriffen werden, sind wirkungslos, ohne sie gäbe es genauso viele Corona-Tote. Die Corona-Schutzmaßnahmen haben aber gefährliche Nebenwirkungen: die Masken gefährden die Gesundheit, das Home-Schooling erzeugt irreparable psychische Schäden, durch die Impfungen wird das Erbgut geschädigt. Fazit: die Politik sollte nichts gegen die Verbreitung des Corona-Virus unternehmen.

Sonntag, 15. Dezember 2019

Zukunft des Rechtspopulismus


Kriegsruine in Bosnien

Ein Teil des heutigen Parteienspektrums in Europa wird als 'rechtspopulistisch‘ bezeichnet, ohne dass eine klare Definition vorliegt. Sehen wir uns doch einfach mal die Parteien im Europaparlament an, die sich zu zwei rechtspopulistischen Fraktionen ('Identität', 'Konservative') zusammengeschlossen haben. 

 

Was haben diese rechtspopulistischen Parteien gemeinsam?


  • Nationalismus und Fremdenfeindlichkeit: Überhöhung der eigenen Kultur, Ethnie, Religion – Verteuflung fremder Kulturen, Ethnien, Religionen. Unmittelbare Feinde sind Immigranten und Flüchtlinge, aber auch Minderheiten, die schon lange im Land leben (Roma, Juden, Gastarbeiter) oder benachbarte Bevölkerungsgruppen (Flamen/Wallonen, Kroaten/Serben). Ziel ist ein ethnisch homogenes Vaterland, d.h. die Beseitigung von Vielfalt und Pluralismus. Minderheiten sollen ihre Kultur aufgeben oder verschwinden.

Mittwoch, 13. März 2019

Die Zukunft des Wachstums


Seit D. Meadows Bestseller 'Grenzen des Wachstums' von 1972 wird diskutiert, ob die Wirtschaftspolitik mehr Wachstum anstreben soll oder nicht. Ich halte die Diskussion für müßig, da das Wirtschaftswachstum im Kapitalismus das ungeplante Ergebnis der Eigendynamik des Wirtschaftsprozesses ist und kaum von der Politik kontrolliert werden kann. Man kann lediglich Prognosen aufstellen über das zukünftige Wachstum. Das will ich hiermit tun - ich behaupte, dass sich das Wachstum der hochindustrialisierten Länder abschwächt und einem Nullwachstum annähert - egal ob es gewünscht wird oder nicht. Woran liegt's?

Sonntag, 10. März 2019

Mehr oder weniger Freihandel?


Der Freihandel ist unter Beschuss von rechts und links. Befürworter des Freihandels behaupten, dass immer alle Handelspartner profitieren: es werden mehr Arbeitsplätze geschaffen durch zusätzliche Exporte als durch zusätzliche Importe vernichtet werden. Jedes Land produziert, was es am besten kann. Arbeitskräfte wandern in allen Ländern von unproduktiven zu produktiven Wirtschaftssektoren und erhöhen so den Wohlstand. Freihandel ist eine Win-Win-Situation.

Aus dem linken Lager kommt die Kritik, dass der Freihandel Arbeitsplätze vernichtet und die Löhne senkt: die Produktion wandert an den international kostengünstigsten Standort. Durch die Konzentration der Produktion in größere

Samstag, 26. Januar 2019

Ist Europa noch zu retten?



Die Europäische Union ist unter Beschuss von rechts und links. Auf beiden Seiten gleichermaßen beliebt ist der Vorwurf, dass es sich bei der EU um ein Projekt abgehobener Eliten oder um ein bürokratisches Monster handelt. Damit enden allerdings die Gemeinsamkeiten zwischen rechts und links. Die Kritik aus dem rechten, nationalistischen Lager besteht darin, dass die EU die nationale Souveränität einschränkt, zu Kompromissen mit anderen Ländern zwingt, zu Ausgaben

Montag, 14. Januar 2019

Warum Deutschland Immigration braucht



Welche Trends in Nachfrage und Angebot von Arbeitskräften sind in Deutschland in den nächsten Jahren und Jahrzehnten zu erwarten?

Trends in der Nachfrage nach Arbeitskräften   

Die Produktionsstruktur Deutschlands verändert sich: in der Industrie wird die Produktion von einfachen Massenkonsumgütern (Textil, Elektro, Autos, Haushaltswaren) und Grundstoffen (Stahl, Chemie, Bergbau) mehr und mehr in Niedriglohnländer bzw. Länder mit niedrigen Sozial- und Umweltstandards ausgelagert. Was bleibt ist die forschungsintensive High-Tech-Industrie (z. B. Maschinenbau, Spezialchemie, Pharma, Medizintechnik, Mikroelektronik, Mess- und Regeltechnik, Luft- und Raumfahrttechnik, etc.) und Luxuskonsumgüterindustrie (z. B. Autos, 

Donnerstag, 10. Januar 2019

Boomende Großstädte und entvölkerte Regionen – warum?



Die Produktionsstruktur Deutschlands verändert sich: in der Industrie wird die Produktion von einfachen Massenkonsumgütern (Textil, Elektro, Autos, Haushaltswaren) und Grundstoffen (Stahl, Chemie, Bergbau) mehr und mehr in Niedriglohnländer bzw. Länder mit niedrigen Sozial- und Umweltstandards ausgelagert. Was bleibt ist die forschungsintensive High-Tech-Industrie (z. B. Maschinenbau, Spezialchemie, Pharma, Luft- und Raumfahrttechnik, etc.) und Luxuskonsum-güterindustrie (z. B. Autos, Uhren, Kosmetik, etc. des „Premium Segments“, bei dem hohe Preise zum Geschäftsmodell gehören). Diese gehen zu einem großen Teil in den Export, da überall auf der Welt die Reichen reicher werden und so die Nachfrage nach Luxus- und High-Tech-Produkten steigt. Der Export von hochpreisigen Luxus- und High-Tech-Produkten übersteigt den Import von billigen Massenprodukten, wodurch ein erheblicher Handelsbilanzüberschuss entsteht.

Sonntag, 8. April 2018

Buchvorstellung


Das Ende des Glaubens an den freien Markt

Lehren aus der Wirtschaftsgeschichte: warum wir eine sozial-ökologische Wirtschaftswende brauchen



Erschienen 2017 in TWENTYSIX – Eine Kooperation zwischen der Verlagsgruppe Random House und BoD – Books on Demand, sowohl als E-Book wie als Taschenbuch  ISBN: 9783740730543  neue überarbeitete Auflage 27.3.2018


Wiederholt sich die Geschichte? Die Weltwirtschaftskrise 1929 erschütterte das Vertrauen in die Kräfte des freien Marktes und die bis dahin vorherrschende Ideologie des Wirtschaftsliberalismus. Dies löste drei Gegenbewegungen aus: Rechtsnationale und faschistische Kräfte, die einen nationalistischen Staatsinterventionismus propagierten, eroberten in den 1930er Jahren die Parlamente und die Macht in vielen Ländern Europas. In Frankreich und Spanien kamen 1936 kurzzeitig linke Volksfrontregierungen an die Macht. In den angelsächsischen Ländern wurde der Wirtschaftsliberalismus durch den keynesianischen Staatsinterventionismus ersetzt (F. Roosevelt, ‚New Deal‘).